Extrem, auch bergab

Bildschirmfoto 2015-11-27 um 17.48.44Hyperaktiv würde man so ein Kind heute nennen. Möglicherweise würde man ihm Ritalin verschreiben. Benedikt Böhm, geboren 1977, bekam ein Skateboard. Sein Bewegungsdrang scheint bis heute ungebrochen. Böhm ist Extremskibergsteiger und –skifahrer; 2012 bezwang er den Manaslu in weniger als einem Tag. Und fuhr vom Gipfel mit Ski hinunter. Die Fotos in seinem Buch über die Tour am 8000er und den Weg dorthin zeigen ihn immer wieder bei Skiabfahrten, die aufgrund der Steilheit mehr an freien Fall als an Skifahren erinnern. Viel ist die Rede von Askese und natürlich von grässlichen Strapazen schon während der Trainingsphase. Die Tage am Manaslu werden zur Katastrophe. Böhm und sein Team bereiten sich auf die Speedbegehung vor, als früh morgens eine Lawine abgeht. Da der Münchner seine Zelte abseits des offiziellen Camps aufgestellt hat, wird er verschont und kann mit seinen Freunden Hilfe leisten. Als wäre dieses Ereignis nicht schon dramatisch genug, wird es im Buch mit einer Serie von Rückblenden aufbereitet. Hin- und Herspringen in der Zeit, sogenannte Cliffhänger, machen den Leser ungeduldig, anstatt die Spannung zu erhöhen. Zudem wirken sie despektierlich. Da findet Böhm einen von der Lawine fast ganz verschütteten Mann, beide erkennen sich, sie waren schon zusammen auf einem 7000er – und dann wird erst einmal die Geschichte dieser Expedition ausgebreitet. Und so lange steckt – für den Leser – der Mann immer noch lebensbedrohlich verschüttet in der Lawine. Dass Böhm fünf Tage nach diesem Lawinenunglück und der fordernden Rettungsaktion dennoch seinen Rekordversuch startet und schafft, ist wahrlich erstaunlich. Der Münchner, der kein Profi-Bergsteiger ist, sondern als Verkaufsmanager einer Bergsportfirma arbeitet, lässt es natürlich nicht dabei bewenden. Kurz nach Erscheinen des Buches bricht er mit „Basti“, seinem Jugendfreund und Expeditionspartner erneut zu einem Rekordversuch auf. „Double8“ nennen sie diesen; mit der Doppelbesteigung der Achttausender Shisha Pagma und Cho Oyu innerhalb von sieben Tagen wollen sie einen Weltrekord aufstellen. Diesmal geht es nicht gut aus. Sebastian „Basti“ Haag und der Italiener Andrea Zambaldi sterben in einer Lawine. – „Im Angesicht des Manaslu. Speedbergsteigen in der Todeszone“ von Benedikt Böhm. Koautorin: Christiane Böhm. Malik Verlag. München 2014. 264 Seiten. Einige Fotos. Gebunden, 19,99 €

 

 

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